Der Kanton verschiebt Kauf von umstrittenem Überwachungsgerät

4. Juli 2016

Wie heikel die Überwachung von Mobiltelefonen ist, darüber sind sich Regierung und Datenschützer uneins.

Basil Weingartner, Der Bund

Wenn die Kantonspolizei Mobiltelefone in Echtzeit orten und überwachen will, muss sie auch künftig ein Gerät anmieten - bei der Bundespolizei oder den Zürcher Kollegen. Der Grund: Die Polizeidirektion (POM) sieht vom geplanten Kauf eines eigenen Geräts, eines sogenannten Imsi-Catchers (siehe Kasten), ab. «Aus finanziellen Gründen», wie der Regierungsrat in seiner Antwort auf einen Vorstoss von Grossrat Hasim Sancar (Grüne) schreibt.

Die Anschaffungskosten für ein einziges Gerät hätten 750'000 Franken betragen, eine Summe, deren Höhe in anderen Kantonen für Erstaunen sorgte. Letztlich war der Kauf nun aber auch dem Kanton Bern zu teuer. Zumal Kürzungen im Finanzplan vorgenommen wurden, wie POM-Generalsektretär Andreas Michel auf Anfrage sagt. In solchen Momenten müsse man «Prioritäten setzen» und entscheiden, was man am dringendsten benötige. Welche Konsequenzen der Nichtkauf für die polizeiliche Arbeit hat, ist unklar. Die Polizei will sich nicht zum Entscheid äussern, da dieser ein «politischer» sei. Klar ist, dass der Verzicht nicht endgültig ist: So sagt Michel, man hoffe auf sinkende Preise.

Datenschutz gewährleistet?

Doch ob gemietet oder gekauft - Hasim Sancar stört sich am Einsatz der Imsi-Catcher. Für einen solchen fehle schlicht die rechtliche Grundlage. Ob dem so ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Während die Berner Kantonspolizei in Einklang mit ihren ausserkantonalen Pendants die Meinung vertritt, das derzeitige Bundesgesetz reiche dazu aus, ist etwa der auf Digitalrecht spezialisierte Zürcher Anwalt Martin Steiger anderer Meinung. Der Einsatz sei nach aktuellem Recht «nicht rechtmässig».

Auch im Eidgenössichen Justizdepartement ist man sich der dünnen rechtliche Basis bewusst. Das zeigt die im Rahmen der Debatte zur Revision des Gesetzes zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf) gemacht Aussage von Justizvorsteherin Simonetta Sommaruga (SP): «Was wir mit diesem Gesetz tun, ist, die gesetzliche Grundlage für Imsi-Catcher zu verbessern.» Gegen das revidierte Büpf ist das Referendum ergriffen worden. Nur wenn das neue Büpf vom Volk angenommen wird, erfolgt der Einsatz der Imsi-Catcher nicht mehr in einer juristischen Grauzone.

Eine solche ortet Sancar auch im Bereich des Datenschutzes. Tatsächlich erfuhr der Datenschützer im letzten Herbst erst vom «Bund», dass die Polizei Imsi-Catcher einsetzt und selber ein Gerät kaufen will. Trotzdem schreibt der Regierungsrat, zwischen Polizei und Datenschützer komme es zu «regelmässigen» Treffen. In Jahresbericht des Datenschützers heisst es dagegen, er habe die POM «darauf hingewiesen, dass die Anschaffung eines Imsi-Catchers ein vorabkontrollpflichtiges Projekt darstellt». Offenbar erfolglos. Schreibt die Regierung doch nun, dass keine vorgängige Kontrolle durch den Datenschützer notwendig wäre. Ob der Datenschützer damit einverstanden ist, bleibt vorerst unklar - er und seine Stellvertreterin weilen in den Ferien.

 

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